Zürich im 18. Jahrhundert: Bodmer und Breitinger als Begründer einer neuen intellektuellen Metropole.
Ab den 1740er Jahren zog Zürich eine Vielzahl junger deutscher Schriftsteller an. Durch die beiden Hochschullehrer, Schriftsteller, kosmopolitischen Denker und Gesellschaftskritiker Bodmer und Breitinger wurde die Stadt zu einem »Limmat-Athen«.
Viele Schriftsteller, die mit dem ästhetischen Klassizismus und dem höfischen Absolutismus unzufrieden waren, blickten hoffnungsvoll nach Zürich und auf das poetologische Programm der beiden Gelehrten: Breitinger wollte die Phantasie als poetische Produktivkraft entfesseln, Bodmer provozierte mit seinem Anspruch, mit Homer und Mose, Milton und Pope, Tasso und Cervantes in einen produktiven Wettstreit zu treten, die Kritik Gottscheds.
Zur Zeitschrift:
»Das achtzehnte Jahrhundert« wurde 1977 als Mitteilungsblatt der
»Deutschen Gesellschaft für die Erforschung des achtzehnten Jahrhunderts« (DGEJ 18. J) gegründet und erscheint seit 1987 als wissenschaftliche Zeitschrift. Die Zeitschrift erscheint halbjährlich und ist im Aufsatzteil im Wechsel aktuellen Themen gewidmet oder frei konzipiert. Im Rezensionsteil legt sie Wert auf aktuelle Besprechungen zu einem weit gefächerten Spektrum von thematisch repräsentativen und methodologisch aufschlussreichen Fachpublikationen. Entsprechend der interdisziplinären Ausrichtung der DGEJ enthält sie Beiträge aus allen Fachrichtungen.
Inhaltsverzeichnis
Einleitung
I. Ästhetik und Poetik
Carsten Zelle
»Vernünftige Gedanken von der Beredsamkeit« - Bodmers und Breitingers ästhetische Schriften und Literaturkritik
Helmut Holzhey
Befreiung und Bindung der Einbildungskraft im Prozess der Aufklärung
Detlef Döring
Der Literaturstreit zwischen Leipzig und Zürich in der Mitte des 18. Jahrhunderts. Neue Untersuchungen zu einem alten Thema
Lucas Marco Gisi
»Ein geraubtes Siegel«? Die Bedeutung von Bodmers und Breitingers Rezeption italienischer Poetiken und Poesie für den Literaturstreit mit den »Gottschedianern«
Ralph Häfner
Begeisterte Nonnen und sympathetische Seelen. Das Wunderbare und die Krise der Kausalbeziehungen (Breitinger, Muratori, Wieland)
II. Theologische Positionen. Bodmer, Breitinger und das Collegium Carolinum
Hanspeter Marti
Die Schule des richtigen Denkens. Logikunterricht und Disputation an der Zürcher Hohen Schule und der Einfluß Johann Jakob Breitingers
Peter Opitz
Aspekte und Tendenzen der theologischen Diskussion in Zürich zur Zeit Breitingers und Bodmers
Jan Loop
Deismus in der Schweiz. Zürcher Reaktionen auf Marie Hubers Lettres sur la religion essentielle à l’homme
Barbara Mahlmann-Bauer
Bodmers Noachide, ein unbiblisches Epos?
III. Bodmers Schauspiele und vaterländische Geschichte
Thomas Brunnschweiler
Johann Jakob Breitinger und die Theaterfeindlichkeit im Alten Zürich
Albert Meier
»Keine Fesseln von einem König!«. Bodmers Poetik des »politischen« Schauspiels
Arnd Beise
»Republikanischer und historischer als unsere Kadaver von Republiken vertragen können«. Bodmers ungedruckte vaterländische Dramen
Thomas Maissen
»Mit katonischem Fanatisme den Despotisme daniedergehauen«. Bodmers Brutus-Trauerspiele und die republikanische Tradition
Rolf Graber
»Aber sie sagten, dass sie keine Lumières haben wollten«. Bodmers Position im Zürcher Aufklärungsdiskurs am Beispiel des »Genfer-Geschäfts« und des »Waser-Handels«
Simone Zurbuchen
Aufklärung im Dienst der Republik: Bodmers radikal-politischer Patriotismus
Dirk Niefanger
Nicht nur Dokumente der Lessing-Rezeption: Bodmers literaturkritische Metadramen Polytimet und Odoardo Galotti
Katja Fries
Bodmers Lessingparodien als Literaturkritik
IV. Zürcher Schüler und Zeitgenossen
Dieter Martin
Bodmers streitbare Koalition mit Christoph Martin Wieland
Urs Meyer
Der Messias in Zürich. Die Klopstock-Rezeption bei Bodmer, Breitinger, Waser, Hess und Lavater im Lichte des zeitgenössischen Literaturmarktes
Ursula Caflisch-Schnetzler
»Wegzuleuchten die Nacht menschlicher Lehren, die Gottes Wahrheit umwölkt«. Johann Caspar Lavaters literarische Suche nach dem Göttlichen im Menschen, dargestellt an den Wurzeln der Zürcher Aufklärung
Jesko Reiling
Ein württembergischer Barde bei den Zürcher Patrioten: Bodmer und sein »dritter Klopstock«, Gottlob David Hartmannn
Daniel Tröhler
Poetik und Politik: Bodmers Lehre der Exempel und die radikal-politische Jugendbewegung in Zürich nach 1760
Simone Zurbuchen
Die Ökonomische Kommission der Naturforschenden Gesellschaft Zürich und Johann Caspar Hirzels »Kleinjogg«
Uwe Hentschel
Die Zürcher Aufklärung im Spiegel der deutschen Reiseliteratur
V. Sprachgeschichte und Mittelalterbegeisterung
Christoph Eggenberger
Die Manesse-Liederhandschrift. Das Faksimile avant la lettre von Bodmer und Breitinger
Gesine Lenore Schiewer
Bodmers Sprachtheorie. Kontroversen um die Standardisierung und pragmatische Fundierung des Deutschen
VI. Beziehungen zu den Künsten und zur Musik
Anett Lütteken
»Feuerbläser in der Kirche und dem Staat«. Samuel Butlers Hudibras und der Satire-Diskurs der Zürcher Aufklärer
Marlis Stähli
»Wäre es Ihnen gleichgültig ob Füßli in diesem Land oder in England den Plaz fände?« Bodmer und Sulzer als Mentoren des Malers Johann Heinrich Füssli
Edgar Bierende
Geschichte malen - Bilder denken: Bodmers Historische Erzählungen als Grundlage für Usteris Zeichnungen
Hartmut Grimm
Impulse für die Ästhetik der Musik und Hexameter-Experimente. Zum Einfluss von Bodmer und Breitinger auf Musik und Musikästhetik des 18. Jahrhunderts
Ivana Rentsch
»Zwar frey, jedoch in steter Pflicht«. Das Zürcher Liedrepertoire im späten 18. Jahrhundert
VII. Bodmers Bücher
Urs B. Leu
Johann Jakob Bodmers Privatbibliothek
Barbara Mahlmann-BauerBarbara Mahlmann-Bauer (geb. 1954) war nach ihrer Ausbildung in Göttingen und München Professorin für neuere deutsche Literatur an den Universitäten in Marburg und Bern. Ihre Forschungsgebiete sind Humanismus, Reformation und Barock, die Literatur der ...
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